Ermittlung des Schallleistungspegels von unzugänglichen Schallquellen (ESpuS)

Forschung und Entwicklung in der Abteilung Fertigungsmesstechnik und digitale Assistenzsysteme

1. Ermittlung des Schallleistungspegels zur Lärmminderung

Geräusche zählen zu den Immissionen, die je nach Art, Ausmaß und Dauer zu Beeinträchtigungen oder Gesundheitsstörungen führen können. Im Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) sind deshalb Regelungen zum Schutz vor Lärmeinwirkungen festgeschrieben.

Die Ermittlung der Lärmeinwirkung an einem Immissionspunkt (z.B. Wohnhaus) können beispielsweise Schallpegelmessungen durchgeführt werden. Diese geben aber nur eine Momentaufnahme an einem Ort wieder.

In der Praxis hat sich ein Berechnungsverfahren etabliert, mit dem die Lärmausbreitung einer Lärmquelle oder eines Betriebes mit mehreren Lärmquellen berechnet wird. Hierbei können auch längerfristige Einflüsse aus der Umgebung, Wetterdaten und saisonale Schwankungen berücksichtigt werden.

Bei der Durchführung von Lärmminderungsmaßnahmen kann die Wirkung der Maßnahmen vorab berechnet werden, wodurch eine hohe Effizienz möglich wird.

Voraussetzung für die Berechnung der Lärmausbreitung ist die Ermittlung des Schallleistungspegels der Lärmquellen in einem Lärmkataster. Dieses erfolgt beispielweise durch eine Messung des Schalldruckpegels in unmittelbarer Nähe der jeweiligen Lärmquelle.

2. Grenzen der Lärmmessung in der Praxis

Um die Schallleistungspegel unzugänglicher Schallquellen, wie Schornsteinöffnungen oder Abluft­öffnungen an hohen Gebäudewänden messtechnisch zu erfassen, werden entweder Spezialkräfte beauftragt, z.B. um auf die Schornsteine zu klettern und die Messungen nach Einweisung durchzuführen oder es wird ein Kran mit einem Mannkorb angefordert, mit dessen Hilfe der Messende zur Schallquelle gehoben werden kann.

Trotzdem können häufig bei der Katastererstellung an einigen Emissionsquellen keine Schallmessungen durchgeführt werden, weil sie schwer zugänglich sind. (z.B. hohe Schornsteine, Bebauung behindert Kranausleger usw.). In diesen Fällen muss der Schallleistungspegel geschätzt werden, wodurch Fehler in das Ergebnis einfließen, die von subjektiven Faktoren (Schätzung und Erfahrung) abhängen.

Bei dem neu entwickelten Verfahren wird nun mit Hilfe eines Multikopters an die schwer bzw. gar nicht zugänglichen Messorte geflogen und die Messung durchgeführt.

Hauptprobleme sind hierbei die Störung durch den Multikopter selbst, da dieser ebenfalls eine Lärmquelle darstellt, sowie die genaue Positionierung und Ausrichtung des Messmikrofons entsprechend den Messvorschriften bei Lärmmessungen.

3. Verfahren zur Schalldruckpegelmessung mittels Multikopter

Die Ermittlung von Schalldruckpegeln mit Hilfe eines Multikopters erfordert die Lösung einiger Fragen und Widersprüche. Dazu gehören folgende Problemstellungen:

  • Multikopter erzeugen störenden Lärm (Zunahme mit Gewichtslast)
  • Multikopter haben eine begrenzte Flugzeit (Abnahme mit zunehmender Last)
  • Lärmmessgeräte müssen einer Genauigkeitsklasse entsprechen, zugelassen sein und kalibriert werden (eingeschränkte Auswahl)
  • Schalldruckpegelmessungen müssen in definierten Abständen und Positionen zur Lärmquelle erfolgen (genaue Positionierung des Messgerätes erforderlich)
  • Messabstände von nur einem Meter müssen sicher und kollisionsfrei realisiert werden

Im Rahmen des Forschungsprojektes wurde ein Prototyp entwickelt, mit dem Schalldruckpegel an Lärmquellen im industriellen Umfeld gemessen werden können. Im Vorhaben wurden verschiedene Messanordnungen erprobt, die an einem Multikopter befestigt wurden. Die besten Ergebnisse konnten mit einem Versuchsaufbau erzielt werden, bei dem unter dem Multikopter die Messeinrichtung hängend angeordnet wurde. Die Messeinrichtung umfasst eine Lärmmessgerät, zwei Messmikrofone, ein Funkmodul zur Triggerung der Messung und mechanischen Komponenten zum Schutz und zur Befestigung des Aufbaus.

Intensiv wurden verschiedenen Randparameter beim Einsatz der Messanordnung mit Multikopter untersucht. Wesentliche Punkte waren beispielsweise die Beeinflussung durch Störgeräusche, die Positioniergenauigkeit des Multikopters, erforderliche Flugzeiten und die Beherrschbarkeit von Pendel- und Drehbewegungen der hängenden Messanordnung. Daraus resultierte beispielsweise die Verwendung von zwei entgegengesetzt positionierten Mikrofonen und der Einsatz von korrigiertem GPS.

  • Der Messablauf an zu vermessenden Lärmquellen gliedert sich in folgende Schritte:
  • Auswahl Startplatz und Aufbau der Geräte
  • Festlegen der Messpunkte in Abhängigkeit von Umfeld, Witterung und Lärmquelle
  • Erkundungsflug zur Koordinatenermittlung
  • Koordinatenumrechnung auf Messanordnung und Flugplanung
  • Ankopplung der Messanordnung an den Multikopter
  • Flug zu den Messpunkten
  • Ausrichten der Messmikrofone und Triggerung der Messung
  • Rückflug
  • Auswertung der Messdaten

4. Zusammenfassung

  • Das Messverfahren zur Ermittlung des Schallleistungspegels von unzugänglichen Schallquelle wurde erfolgreich an Lärmquellen in industrieller Umgebung erprobt. Folgende technischen Parameter konnten dabei mit dem prototypischen Versuchsaufbau erreicht werden:
  • Messbarer Schalldruckpegel an den Messpunkten --- ab 70 dB(A)
  • Gesamtflugzeit pro Messstelle (Erkundung und Messung) --- 10 bis 12 Minuten
  • Messstellen pro Akkuladung --- 2
  • Positioniergenauigkeit von Multikopter und Messanordnung --- 0,1 m
  • Kleinster Abstand des Messmikrofons zur Lärmquelle --- 1 m

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Projektpartner:       öko-control GmbH